Drei Fragen an Dorothea Mummendey

Wer war Erwin Sylvanus? „In einem Menschen stecken viele Möglichkeiten,“ so betitelte Dorothea Potthoff 1998 ihren Text über Erwin Sylvanus (in: Vergänglich und unsterblich zwischen Rhein und Weser, 1998). Wir haben am 29.09.2017 hier über ihre dichte Beschreibung berichtet. Jetzt haben wir die Autorin gefunden, die heute Dorothea Mummendey heißt. Sie war bereit, drei Fragen zu Erwin Sylvanus zu beantworten.

Für Ihren Aufsatz konnten Sie 1998 noch mit Menschen sprechen, die Erwin Sylvanus gut gekannt haben. Welchen Eindruck haben sie von ihm vermittelt?

Für mein Buch „Vergänglich und unsterblich zwischen Rhein und Weser“ bzw für den Artikel über Sylvanus habe ich 1998 den Nachbarn Arthur Dell und Sylvanus´ Erben Friedel Thiekötter getroffen. Die beiden erzählten mir von aufregenden Begebenheiten, wenn zum Beispiel im verschlafenen Völlinghausen in der Nachkriegszeit auf einmal große, schicke Autos auftauchten und viele deutsche Schriftsteller und Verleger dort in Sylvanus´ Haus ein und aus gingen. Sicherlich hat er dort das Leben bunter gemacht (nicht nur aufgrund seiner Homosexualität). Auf der anderen Seite erfuhr ich auch, daß der Autor ein recht egozentrischer, launischer, zeitweise verschwenderischer Mensch gewesen sein muß. Leicht war es sicherlich nicht mit ihm.

Im Nationalsozialismus war Erwin Sylvanus weder Täter, noch Opfer, hatte aber eine starke Nähe zur NS-Kulturpolitik. Wie würden Sie sein Verhältnis zum NS beschreiben? Wie kam es zu seiner „Kehrtwende“ in den 50er Jahren?

Erwin Sylvanus war als junger Mann bereit, seine schriftstellerische Tätigkeit in den Dienst der Nationalsozialisten zu stellen. Er wollte quasi um jeden Preis veröffentlichen. Heraus kam völkische Literatur, Blut-und-Boden-Dichtung. In einer Zeit, in der immer weniger Autoren/Journalisten vom NS-Regime akzeptiert wurden, war diese Art des Schreibens die einzige Möglichkeit in Deutschland zu publizieren. Er mußte literarisch angepaßt, opportun sein.
Von diesem Zwang sah er sich nach dem Krieg befreit.

Wo liegen aus Ihrer Sicht die Gründe für den Erfolg von „Korczak und die Kinder“?
Ich denke, daß „Korczak und die Kinder“ ein zeitloses Stück ist, es erinnert, es mahnt. Das Wichtigste ist aber, dass es auch die mögliche Größe eines Menschen zeigt. Größe inmitten der unendlichen Grausamkeit. Damit ist der Arzt Korczak mehr als ein Held (so wie im klassischen Drama). Es ist die von ihm verkörperte unzerstörbare Menschlichkeit, die berührt.

Neues Literaturkontor

Dorothea Mummendey hat das Lektrorat im Neuen Literaturkontor in Münster. Hier wurden unter anderem die Werke des 2011 verstorbenen Friedel Thiekötter verlegt. Er war mit Erwin Slvanus eng befreundet.

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neues-literaturkontor.de

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