Doktor Janus Korczak

Der „Zweite Schauspieler“ ist Doktor Janus Korczak, Leiter eines Waisenhauses im Warschauer Ghetto. Zusammen mit seinen 200 Kindern wurde er im August 1942 im Vernichtungslager Treblinka ermordet. 1956 las Erwin Sylvanus in einer polnischen Kulturzeitschrift vom Schicksal des jüdischen Arztes. Der Bericht war seine einzige Quelle, denn Korczak war in Deutschland völlig unbekannt. „Dem Finden muss immer das Erfinden folgen,“ schreibt Sylvanus. Welchen Korczak hat er erfunden?

Der Korczak des Theaterstückes ist ein gebrochener Held, ein alter, müder Mann. Jeden Tag bettelt er im Ghetto um Essen. „Dann will ich wieder betteln gehen…. (Steht auf.) Betteln bei denen, die nichts haben … Kein Jude ist satt in Warschau … Nicht ein einziger Jude ist satt. Aber es lohnt nicht, bei denen zu betteln, die jetzt satt sind in Warschau. Schieber. Gauner. Diebe. Und wenn es sich doch lohnte?“ So besucht er auch diejenigen, die im Ghetto reich geworden sind. Er ist unterwürfig. Er erzählt unanständige Witze, um ein Fläschchen Öl zu bekommen. Er kämpft verzweifelt um das Überleben seiner Waisenkinder. „Es wäre für mich leichter, zum Tode zu gehen, als ohne Brot zu meinen Kindern zu kommen.“ Diese Verantwortung zu tragen, ist schwer für ihn; sie bringt ihn fast um.
In den letzten Stunden, bevor er und die Kinder in das Vernichtungslager abtransportiert werden, zeigt er heroische Hartnäckigkeit. Der SS-Offizier verlangt – aus Angst vor Widerstand – eine Lüge von Korczak. Er soll den Kindern weismachen, dass sie einen Ausflug machen werden. Im Gegenzug bietet er an, ihn zu verschonen. Korczak lässt ihn seine Lüge etwas kosten: Brot und Milch für die Kinder und das Lebens der Betreuerinnen des Waisenhauses trotzt er dem SS-Offizier ab. Hartnäckig erkämpft er die Zusagen, wobei letztere sich als Lüge erweisen wird. Selbst verschont zu werden, lehnt er ab: „Herr Offizier. Ich begleite die Kinder. Sie werden nicht weinen und sie werden auch nicht schreien. Ich werde mit ihnen gehen und ich werde bei ihnen sein… Bis zuletzt… Bis ganz zuletzt.“

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